Wie werde ich kreativer? Kann ich meine kreativen Energien steigern?

Wie werde ich kreativer?

Kann ich meine kreativen Energien steigern?

Kreativität wird nicht mühelos erreicht, aber dieser Artikel liefert dir hilfreiche Tricks, die du im Ärmel mit dir herumtragen kannst. Los geht's!

Aber einen Moment noch, bevor ich beginne... Wer interessiert sich eigentlich wirklich für Kreativität und warum sollten wir es tun? Ist das nicht einfach so ein Hokuspokus? Davon gibt es heute schon reichlich!

“Wenn es sich nicht verkaufen lässt, ist es nicht kreativ”- David Ogilvy

(“If it doesn’t sell, it isn’t creative.”)

Etwas zu schaffen heißt, etwas zu erreichen. In der Lage sein, etwas zu erwecken und in deine eigene Kreativität einzubringen stellt eine wesentliche Komponente von Erfolg dar, und zwar nicht nur im Berufsleben, sondern im Leben allgemein.

Das folgende Zitat aus Kreativität von Mihaly Csikszentmihali hat mich schon immer inspiriert: “Die Liebe zu kreativen Prozessen um ihrer selbst Willen ist für jeden zugänglich. Es ist kaum vorstellbar, sich ein reicheres Leben vorzustellen” (S. 106). (“The love of the creative process for its own sake is available to all. It is difficult to imagine a richer life.”)

Jeder einzelne von uns ist wie ein Fingerabdruck: Wir sind alle komplex und individuell, und darum gibt es kein Standardrezept wenn es darum geht Kreativität zu aktivieren, die sich hauptsächlich in unserer inneren Dynamik abspielt. Jeder von uns braucht (und verdient) eine einzigartige Herangehensweise. Unsere Kreativität kann uns von der Meute unterscheiden und uns in ein triumphales und erfülltes Leben führen.

Es sind nicht nur die Menschen in Führungspositionen, die kreativ sein müssen um ihre Probleme zu lösen. Unsere Kreativität kann uns alle auf unsere Zukunft vorbereiten, ganz gleich welchen Beruf wir ausüben oder welche Stellung wir haben.

Etwas darüber zu lernen, wie kreative Menschen in der Lage sind diese Kreativität zu aktivieren, kann uns oft reizen, aber das ist selten wirklich hilfreich. Ihre Ideen reichen vom Bizarren bis zum Banalen, wie zum Beispiel: Nackt schreiben ( Victor Hugo), kopfüber herunter hängen (Dan Brown), in einer Kutsche herum fahren oder nach einer guten Mahlzeit einen Spaziergang machen (W. A. Mozart). Bob Dylan sagte einmal, er würde sein Haar so lang wachsen lassen, damit es die Gedanken in seinem Kopf nicht stört. Hemingway soll gesagt haben, dass es ihm half seinen Kühlschrank zu enteisen wenn er mit einer Schreibblockade kämpfte.

Aber was ist ein kreativer Moment?

Gutes Design ist offensichtlich. Großartiges Design ist durchsichtig. - Joe Sparano

(“Good design is obvious. Great design is transparent.“)

Bisher hat mir meine Recherche jedenfalls immer wieder bestätigt, dass kreative Momente oft das widerspiegeln was Mozart beobachtet hat: „Woher und wie die Ideen kommen weiß ich nicht, noch kann ich sie zwingen.“

Oft passieren kreative Flashs wenn ein erwartetes Muster einer Assoziation verändert wird. Wenn das Unerwartete geschieht werden wir von unserer Überraschung abgelenkt. In dieses flüchtige Bewusstseinsvakuum kriecht etwas Neues hinein, und kann dann, idealerweise, neue Bedingungen für eine weitere kreative Episode schaffen. Diese winzige Sekunde des „Was immer es auch ist“ kann als ein „alternativer Zustand“ erlebt werden, eine mystische oder gar religiöse Erfahrung.

Dieses selbst erzeugte „erwartete Assoziationsmuster“ (auch bekannt als deine „individuelle Karte der Welt“) ist dafür verantwortlich, wie wir Dinge und Situationen in unserer Umwelt erleben, verarbeiten und definieren.Es kann auch eine Vielzahl von Alternativen definieren dafür, was wir bezüglich dieser Situationen wahrnehmen.

Super! Und was jetzt?

Im Kern hilft es vielleicht über diese Frage einmal nachzudenken: Wie können wir eine Art Kontrolle über dieses routinemäßige Assoziationsmuster erlangen? Wie können wir die Karten neu mischen, die wir uns selbst durch unsere Karte von der Welt ausgeteilt haben, um etwas neues und hoffentlich besseres zu schaffen?

„Etwas zu definieren bedeutet, etwas einzuschränken“ - Oscar Wilde

(“To define is to limit.“)

Wir können damit anfangen die Auswirkungen von Klassifizierungen und Kategorisierungen in Betracht zu ziehen und zu versuchen, das Netz von Schablonen, welches sie in unseren Gedanken und unseren Wahrnehmungsprozessen gestrickt haben, zu entwirren.

Warum? Weil unsere Karte von der Welt, dieses Assoziationsmuster, dadurch beeinflusst werden kann, wie etwas von uns oder durch andere klassifiziert und kategorisiert wird.

In seinem Buch Aus der Welt ( The Undoing Project), zitiert Michael Lewis den Psychologen Amos Tversky: „Es wird allgemein angenommen, dass Klassifikationen durch die Ähnlichkeit zwischen Objekten festgelegt werden“, aber dann sagt er: „Die Ähnlichkeit von Objekten wird von der Art modifiziert, in welcher sie klassifiziert sind.“ Daher hat Ähnlichkeit zwei Gesichter: Es dient als Basis für die Klassifizierung von Objekten, aber sie wird auch beeinflusst von der adoptieren Klassifikation.“

Lewis führt das dann weiter aus: „Eine Banane und ein Apfel scheinen sich ähnlicher zu sein als sie es eigentlich wären, denn wir haben uns darauf geeinigt, sie beide „Früchte“ zu nennen. Dinge werden nicht ohne Grund in Gruppen gesteckt, aber sobald sie gruppiert sind bewirkt dieser Gruppierungsgrund, dass sie für uns ähnlicher erscheinen als sie es vielleicht sind. Das heißt, dass der schlichte Akt des Klassifizierens Stereotypen noch verstärkt. Wenn man also ein paar Stereotype schwächen möchte, muss man zunächst die Klassifikation aufheben.“

Stereotypen, Vorurteile und Voreingenommenheit können also in der Tat verhindern, dass sich unsere Karte von der Welt erweitert. Das wiederum würgt oft die Aktivierung und Magie von Kreativität ab.

„Menschen die sehr viel erreichen sind Menschen die sich selbst von Voreingenommenheit befreit haben. Dies sind die kreativen Menschen“ - Milton Erickson

(“People who accomplish a great many things are people who have freed themselves from biases. These are the creative people.”)

Jeden Tag erleben wir alle, wie diese Begrenzungen sich im realen Leben ausdrücken können.

In seinem Buch analysiert Lewis, wie Voreingenommenheit und Vorurteile, verursacht von Klassifizierungen und Kategorisierungen, seit Generationen eine vernichtende Rolle im Profisport gespielt haben.

2005 entwickelte Daryl Morey ein neues Auswahlkriterium und fing an, traditionelle Methoden herauszufordern, welche von der National Basketball Association (NBA) für die Auswahl neuer Spieler angewandt wurden. Um Spieler zu bewerten und so zu kategorisieren fing er an, statistische Modelle heranzuziehen, um die Maßstäbe zu bewerten nach welchen damals in der NBA ausgewählt wurde.

Mit anderen Worten sollte dieser neue statistisch orientierte Ansatz das „Assoziationsmuster“ des damals angewandten Auswahlverfahrens aufbrechen.

Das alte Modell nutzte eher willkürliche und unbestimmbare Vergleichsmerkmale, um zu einer Entscheidung zu gelangen – selbst Spitznamen! Morey entdeckte, dass der schlechte „Klang“ eines Spielernamens, oder der gute, die Spielerscouts in ihrer Einschätzung bezüglich der Leistung des Spielers beeinflussen und so eine voreingenommene Entscheidung herbeiführen konnte. „Da habe ich auf der Stelle eine neue Regel eingeführt“, sagte Morey, „Ich habe Spitznamen verboten“.

Es hörte nicht bei den Spitznamen auf. Lewis schreibt: „Ein Scout der einen Spieler beobachtete tendierte dazu, sich ein fast unmittelbares Bild zu machen, um welches sich alle weiteren Daten herum gruppierten.“ Dieses Phänomen ist als „Bestätigungsfehler“ bekannt. „Das Menschliche Gehirn scheint „einfach schlecht darin zu sein, Dinge zu sehen die es nicht zu sehen erwartet […] Ein Scout beließ es einfach bei dieser Meinung über einen Spieler und suchte dann nach Beweisen, um diese Meinung zu untermauern[...] Welche Vorteile auch immer eine Person mit sich in die Angelegenheit brachte, Amateurspieler auszuwählen, tendierte dazu daran festzuhalten, selbst wenn es ihm nicht gut tat, weil er immer nur nach der Bestätigung seiner Vorurteile suchte.“

Scouts fanden es schwierig, sich an das neue System zu gewöhnen und protestierten als ihnen vorgeschlagen wurde, dass sie weitaus weniger Gewicht auf ihre eigenen Beobachtungen und ihr „gutes Gefühl“ legen sollten, und stattdessen mehr Gewicht auf die Statistiken. Ein Scout gab einmal zu, dass das Beobachten und die Intuition einen Spieler zu bewerten sei, „als sei man ein Typ, süchtig nach Crack“.

Nur eines von vielen Beispielen in Lewis' Buch ist Jeremy Lin, asiatischer Herkunft, welcher wiederholt zurückgewiesen wurde, weil er nicht in das traditionelle Modell passte. Jeder, Morey eingeschlossen, dachte er sei unsportlich: „Und ich kann mir keinen anderen Grund vorstellen als dass er Asiate war.“ Wie sich herausstellte war Lin ein exzellenter, erfolgreicher Spieler.

Auch wenn es kein perfektes Modell gibt, hat die Umstellung des ehemals steifen Modells auf das statistische Modell zu sehr positiven Ergebnissen geführt. Daryl Morey's Team, die Houston Rockets, sind sehr erfolgreich, und andere Teams haben sich auch verbessert, nachdem sie ähnliche statistische Modelle zur Rekrutierung herangezogen haben.

Einen kreativen Flash zu bekommen bedeutet, alle Grenzen zu sprengen und den Kategorien und Klassifizierungen in deiner Weltkarte die Federn auszurupfen, und dies ist nicht möglich ohne Mut und absolute Härte. Niemand wächst in seiner eigenen Komfortzone.

Aber wie können wir die Barrieren zurückschieben?

Unsere Barrieren sind oft ein selbstgemachtes System aus Klassifizierungen und Kategorisierungen, welches verantwortlich ist für unsere Vorurteile und Voreingenommenheit. Ist unsere Karte der Welt so tief in unserem neurologischen Netz verwurzelt, dass es ein „fait accompli“ ist, etwas das wir nicht ändern können?

Laut Professor Peter Kruse heißt es: „Wenn man Kreativität erzeugen will kann man sich fragen. Was sind die Paramater, die Rahmenbedingungen in welchen Kreativität vorkommt? Aber man kann Kreativität nicht 'machen'.“ Die oberste Regel: „Sei Kreativ!“ ist „mindestens genauso absurd, als würde man sagen: „Sei spontan!“. Dann ist man nur geschockt und fragt sich“ Wie geht das?“, fügt Professor Kruse hinzu.

Das Unerwartete zu erwarten zeugt von einem durch und durch modernen Intellekt. Oscar Wilde

(To expect the unexpected shows a thoroughly modern intellect.)

Was das Reich der Möglichkeiten mit sich bringt, wenn es zu kreativem Schaffen kommt, ist Vielfältigkeit. Kruse sagt, dass wir „die Vielfältigkeit in einem System entweder kulturell oder stilistisch erhöhen müssen“. Laut Kruse bedeutet diese Vielfältigkeit: „Intelligente Systeme arbeiten mit internationalen Stressbeziehungen und verarbeiten Spannungen und sind in der Lage […] die Möglichkeit zu schaffen, hin und her zu schalten zwischen neuen Mustern, und dies nennt man Kreativität. […] Erhöht den Stress im System! Bringt Vielfalt! Dann kann man die Möglichkeit schaffen, die Verarbeitungsprozesse zu verändern. Schafft keine Einheitlichkeit. Harmonische Systeme sind dumme Systeme.“

„Entschaffe“ Einheitlichkeit um Chaos zu erschaffen, um Kreativität zu erschaffen.

Mit anderen Worten: Erweitert eure Karte der Welt, indem ihr eure Perspektiven erweitert, und indem ihr verschiedene, nicht routinemäßige Dinge erfahrt. Obwohl dies vielleicht am Anfang Verwirrung und Stress bei euch auslöst, führt dies doch oft zu neuen Ideen. Darum: Du wirst etwas Neues erschaffen, indem du Einheitlichkeit „entschaffst“ und aufbrichst.

Dies verlangt oft, dass man in der Lage ist, zu erforschen und die Reibung zu akzeptieren, die diese Dinge erzeugen, und die oft nicht leicht zu verstehen sind, wie z.B. Paradoxa, Widersprüche, nuancierte Unterschiede. Dazu im Stande zu sein, mit dieser Reibung umzugehen und „zwei Stöcke aneinander zu reiben“, das ist es was Kreativität entflammt!

OK. Jetzt da die Barrieren durchbrochen wurden, was nun? Richtig! Umsetzen!

Die oben genannte Methode wird euch oft nur einen drehenden Haufen Dreck bringen, welchen wir „Impuls“ nennen. Wenn es aufhört sich zu drehen, werdet ihr denn Sinn darin erkennen, aber nur als einen kleinen Teil einer Idee, einen Funken, der oft kurz davor aufhört euch zu sagen, was genau getan werden muss, um Kreativität zu schaffen. Es liegt euch auf der Zunge, aber so ganz könnt ihr es noch nicht greifen, und es kann davon fliegen wie ein Schmetterling. Dieser kreative Impuls muss ausgebrütet werden und einen Lebensfunken erhalten. Aber wie?

Erfolg ist wie eine Wissenschaft: Wenn man die richtigen Bedingungen hat, erzielt man Ergebnisse. Oscar Wilde

(Success is like science: if you have the conditions, you get the result.)

Um die Idee nun auszubrüten und die richtigen Bedingungen zu schaffen hilft es, verschiedene Positionen der Wahrnehmung zu schaffen, und damit ein komplexeres Netzwerk. Als Gesamtprozess beinhaltet Kreativität die Koordination eines Netzwerks mit drei Komponenten.

Sowohl Professor Kruse als auch Walt Disney benutzten beide ähnliche Netzwerke und Schablonen mit meist nur geringen lexikalischen Unterschieden.

Kruse sagt er baue ein Netzwerk in seinem Kopf mit drei unterschiedlichen menschlichen Charakteristika, welche auch als Wahrnehmungspositionen dienen:

Der Schöpfer, der Eigentümer und der Makler. Für Walt Disney sind es der Träumer, der Realist und der Spielverderber.

Der Schöpfer/Träumer – hat die Vision, zerreißt und stört indem er spontan eine große Anzahl an spontanen Impulsen und Mustern schafft.

Der Eigentümer/Realist – besitzt das objektive Wissen und wirkt in der Bewertung und der Verinnerlichung

Der Makler/Spielverderber – ist der Skeptiker, der Kritiker und der Advocatus Diaboli in der zweiten, oder Metawahrnehmungsposition. Er versucht, uns in die Parade zu fahren und kann für Erschütterungen sorgen.

„Auf diese Weise […] kann man intelligente Systeme bauen, deren kollektive Intelligenz größer ist als die individuelle Intelligenz eines einzelnen Teilnehmers“, sagt Prof. Kruse, welcher geholfen hat, die Selbstorganisationstheorie in angewandter Psychologie zu entwickeln.

Schlussfolgerung

Erfolgreich Kreativität zu erzeugen bedeutet oft, die eigene „Karte der Welt“ zu erweitern, sowie das Stören und Zerreißen der eigenen Methoden und Klassifizierungen mit dem Ziel, Einheitlichkeit und harmonische, „dumme“ Systeme zu „entschaffen“. Dies entzündet neue, kreative Impulse. Um Kreativität zu schaffen und zu verinnerlichen ist es schließlich essenziell, in diese Impulse einzutauchen, sie zu kuratieren und innerhalb eines Netzwerkes auszubrüten, welches mehrere, in diesem Beispiel drei, Wahrnehmungspositionen, oder „Persönlichkeiten“, beinhaltet.

Wenn du ein paar „kreative Tools“ einüben möchtest, höre doch einfach meinen Podcast. Auf meiner Webseite, einfach Podcast anklicken.

Quellenverzeichnis

Link zum Interview mit Professor Kruse

https://www.youtube.com/watch?v=oyo_oGUEH-I

Encyclopedia of Systemic Neuro-Linguistic Programming and NLP New Coding

Robert Dilts, Judith DeLozier, NLP University Press, Copyright 2000.

Creativity by Mihaly Csikszentmihali, HarperCollins Publishers, 1996

David Ogilvy – (1911-2003) war einer der ursprünglichen Werbegurus und Begründer der gleichnamigen Agentur, welche bis heute noch weltweit tätig ist.

Professor Peter Kruse – (1955-2015) war ein deutscher Psychologe und lehrte als Honorarprofessor für Allgemeine und Organisationspsychologie an der Universität Bremen.